Event-Event

von th

Kunterbunte Lampenbude!

Eine Stadt keucht schwer in einem 100-Millionen-Schuldenkorsett, dem Engsten seit mehr als 1200 Jahren. Gleichwohl meinen die Strippenzieher der Leibbinde, die Stadt bedarf weiteren, teuren Schmuckes, trübe Gewässer und Bauwerke um die Altstadt sollen funkeln wie ein Teenager. Die Stadtverwaltung selbst wird vorschlägig und unterliegt damit buntem Blendwerk, das ausufernd als Stadtmarketing-Element für Entzücken sorgen soll.

Die Wiege der Stadt, eine modrige Salzlauge, eingeengt in ein gesteinigtes Bett, soll nächtens illuminiert werden.
Niemand hat sich in den letzten Jahrzehnten für diesen Fluss interessiert. Man hatte sich damit abgefunden, das ein temperamentloses Gewässer als Abwasserkanal einer fernen Kali-und Salzindustrie missbraucht und als Kühlwasserreservoir des AKW-Grohnde vergewaltigt wurde und wird; weitgehend widerstandslos. Man hatte vergessen, dass die Schätze des Flusses den Mittagstisch der Stadt jahrhundertelang durchbiegen ließen und ein Fischerviertel gegen ein ECE-Center getauscht.

Nun soll der leblose Fluss zur Reflektionsfläche für modernes Stadtmarketing werden. Flüsse haben sich nicht mehr nur brav in ihr Bett zu fügen, sondern im Kampf um die Gunst des Touristen nachts beglückend zu leuchten. Auf das diese Schar eine Postkarte mehr kauft und eine späte Bratwurst mehr verschlingt.

Ein Abwasserkanal soll, ins wattstarke Licht gesetzt, zum Publikumsmagnet mit optischer Fernwirkung werden.
Meint die Hamelner Stadtverwaltung und hat mal eben 15.000 Eur für eine Lichtplanung angesetzt, die im Ausschuss (hässliches Wort) für Stadtentwicklung und Planung am kommenden Dienstag erörtert werden will. Wilde Kreaturen, wie anpassungsschwache Nachtfalter und anderes nachtaktives Gesindel, passen nicht in ein modernes Stadtmarketing-Konzept.

Auch nicht eine konservative Gelassenheit, Kleinstädte, wie seit Menschengedenken üblich, nachts einfach im Dunklen schlafen zu lassen. Auf fremde Gäste ausgerichtete Kommunen haben keine Zeit für Gelassenheit.

Das Stadt-Marketing-Konzept der eigenen Stadt, muss einfach gigantisch besser sein, als das der Nachbargemeinde; den geilsten Geranien- und den austauschbarsten Mittelaltermarkt bieten.

Notfalls werden auch ungeliebte Flüsse samt Brücken, Gebäuden und der letzte Baum, der der Verkehrsicherungspflicht entgangen ist, nächtens bunt beleuchtet. Türkisfarbenes Weser-Wasser wird in diesem Event-Reigen zur Posse. Hamelns Verwalter werden sich sicherlich darauf verständigen.

Gute Nacht.

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