Museumsbesuch
von th
Der 22.1.12: ein grauer, windiger Wintertag bei 7 Grad und Dauerregen. Wie gemacht für einen Ausflug ins neu eröffnete Heimatmuseum der Stadt Hameln. Also hinein in ein Experiment der Geschichtsvermittlung dieser Stadt, bestens beheizt und mit 5 Eur Eintrittsgeld freundlich zurückhaltend taxiert.
Bereits aus dem Foyer vernimmt man beruhigt, die Treppe knarzt noch mit mancher Stiege. Das Budget hat als diese akustische Heimeligkeit eines Heimatmuseums verschont. Über diese Stiegen ackern wir uns in 4 Stunden und vier Ebenen durch die geraffte Geschichte der Stadt.
Der Bogen ist weit gespannt: Ur- und Frühgeschichte im EG beleuchten das weltenimmanente Beute-Sieger Schema, das auch diese Stadt bestimmte und sich durch alle Etagen und Zeiträume zieht. Im EG also erstmal frühzeitliche Knochenfunde der Fauna, diesen gegenübergestellt das Waffenarsenal des Menschen, das die Fauna in den irdenen Grautopf beförderte. Weiter in der Ausstellung Werkzeuge, die die Welt zum Untertan des Menschen werden ließ.
Über knarzende Stufen gelangen wir dann per Zeitsprung ins Mittelalter. Breiter Raum wird dabei der Sage unser Stadt eingeräumt, ich denke pflichtschuldigt und zu recht. Nun, das künstlerische 430.000 Euro-Spektakel im Darkroom kann eigentlich nur als überteuerte Schmonzette zur Sage gewertet werden. Der ästhetisch-dekorative Wert ist zu würdigen, jeder andere Wert der Robotik-Show ist nur schwer zu erkennen, der Sage und ihrem Preis wird sie nicht gerecht. Die Biedermeierstube und Empire-Stube(?) bleibt in der Museums-Neukonzeption verschont. Gutes hat Bestand und ich bin beruhigt.
Weiter durchs zweite Obergeschoss: Die Entwicklung unserer Stadt im Spannungsfeld ihre Gründer, zwischen Kirche und aufstrebendem Bürgertum, insbesondere die klerikale Reformation finden eine weite Darstellung. Schlägt man eine Tür auf, haucht die Pest hervor. Gebändigt in brave Text- und Bildtafeln.Verzeihlich, nicht jede Tragödie der Stadt kann eine Etage belegen, leider.
Weiter über knarzige Stufen hinauf, herab in die Verwerfungen und Wirrungen der Stadtgeschichte, wichtige Amtssiegel, Münzen und anderes Blendwerk. Modelle wichtiger Architekturzeugen der Stadt, ein vermeintlicher Siebenlingenstein, Zunftladen und Bücherschätze u.v.m spannen in der Etage den Bogen zwischen Mittelalter und Neuzeit, der wieder in einer Zwischenetage und somit im 19-ten Jahrhundert mündet. Dort laden viele Türen zu einer Öffnung und öffnen Einblicke in das Alltagsleben des Jahrhunderts.
Nun zur spannensten Stiege ins letzte Obergeschoss, die nur kurz zurückliegende Geschichte des 20-zigsten Jahrhunderts und somit uns Allen temporär am Nächsten. Erster Weltkrieg, Kriegsgefangenenen-Lager in Hameln (letzte Baracken für über 10.000 Kriegsgefangene stehen noch) und der Aufstieg des Weserberglands zum Nazi-Musterländle (Erntedankfest am Bückeberg) führen dem geneigten Besucher die jüngste Vergangenheit unserer Stadt vor Augen, Das Dachgeschoss wird zum mahnenden Höhepunkt der Geschichte.
Unser neues Museum ist bestens aufgebaut, nicht für den Tourismus, sondern für uns Hamelner.
Jeder Bürger sollte jede Stiege am Knarzen erkennen, bestenfalls.
Unser neues Museum hält den Bürgern der Stadt einen blendfreien Spiegel vor, nicht vordergründig der fremde Besucher, nein,wir Hamelner sollten die Botschaft der Inszenierung annehmen.